Ein liebevoller Aufruf an der europäischen Freimaurerei

Ein liebevoller Aufruf an der europäischen Freimaurerei

Liebe Brüder und Schwestern,

mit einem offenen Herzen und im Geiste brüderlicher Verbundenheit wende ich mich heute an Euch. Die Zeit schreitet unaufhaltsam voran, und mit ihr verändern sich die Bedürfnisse und das Verständnis unserer modernen Welt. Auch unsere geliebte Freimaurerei, die auf so ehrenwerten Grundsätzen und einer reichen Geschichte fußt, steht vor der Notwendigkeit, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen.

Die Unterscheidung zwischen „regulärer“ und „irregulärer“ Freimaurerei, ebenso wie die späteren Begriffe „anerkannt“ und „nicht anerkannt“, sind Konstrukte, deren Ursprünge in einer Zeit liegen, die von uns heute weit entfernt ist. Vor über 300 Jahren mag es nachvollziehbar gewesen sein, das Wissen und die Traditionen einer kleinen, ausgewählten Gruppe von Männern zu bewahren. Die mündliche Überlieferung „von Bruder zu Bruder“ entsprach den damaligen Gegebenheiten. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.

Im 21. Jahrhundert, in einer Epoche des globalen Austauschs und der rasanten Verbreitung von Wissen, wirken diese starren Kategorisierungen anachronistisch und spaltend. Es ist in der Tat bemerkenswert, dass es bis heute keine offizielle, allgemein akzeptierte Erklärung für diese Unterscheidungen gibt. Dies führt zu Missverständnissen, Ausgrenzung und steht im direkten Widerspruch zu den fundamentalen Tugenden unserer Bruderschaft: Gleichheit, Freiheit, Toleranz und Humanismus.

Wo bleibt die Toleranz, wenn wir Brüder und Schwestern aufgrund von vermeintlichen Unterschieden in „gut“ und „weniger gut“ einteilen? Wo bleibt der Humanismus, wenn wir Mauern errichten, anstatt Brücken zu bauen? Diese Trennungen sind eines Freimaurers und einer Freimaurerin im 21. Jahrhundert nicht würdig und können sogar als beleidigend empfunden werden. Sie untergraben das Fundament unserer Gemeinschaft und trüben das Bild, das wir in die Welt tragen möchten.

Selbst die Reformierte Freimaurerische Rechtspflege von 2024 hat sich, wie Sie richtig anmerken, nicht von dem Begriff der „Regularität“ getrennt, ohne ihn jedoch zu definieren. Dies mag für Juristen in der Tat ungewöhnlich erscheinen und verdeutlicht die tiefe Verankerung dieser unklaren Terminologie.

Spätestens nach dem Brexit, einem Ereignis, das die Notwendigkeit europäischer Einheit und Verständigung auf so schmerzliche Weise vor Augen geführt hat, ist die Zeit reif für eine mutige und zukunftsorientierte Entscheidung. Es ist an der Zeit, dass die europäische Freimaurerei sich von verstaubten Ideen befreit und den Weg für eine geeinte europäische Bruderschaft ebnet.

Es geht hierbei nicht um eine Revolution, sondern um eine Erkenntnis: Die Essenz der Freimaurerei liegt nicht in starren Regeln und exklusiven Ansprüchen, sondern in den universellen Werten, die uns verbinden. Unsere Kinder und Enkel werden uns dankbar sein, wenn wir den Mut aufbringen, diesen Schritt zu gehen und eine inklusive, tolerante und zukunftsorientierte Freimaurerei zu gestalten.

Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, die Mauern der Trennung abzutragen und eine europäische Bruderschaft zu errichten, die ihrem Namen wahrhaftig gerecht wird – eine Bruderschaft, die auf gegenseitigem Respekt, Verständnis und der gemeinsamen Suche nach Wahrheit und Erkenntnis basiert.

Mit brüderlichen Grüßen. Ich habe gesprochen.

Ovidiu Bretan

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